Mittwoch, 28. Februar 2007

Lost in Translation


Angekommen! Aber was nun?
Obwohl davon in Reisefuehrern dringend abgeraten wird, gingen wir aus einer Mischung aus "wir sind ja informiert" und "so schlimm wirds schon nicht sein", auf das guenstige Angebot einen der zahlreichen sich vor dem Flughafen herumdrueckenden "Taxifahrer" ein. Er bestaetigte wortreich unseren Wunsch, uns zum Bahnhof zu fahren, von wo aus unsere Reisebibel namens Lonely Planet eine aussichtsreiche Quartiersuche versprach. Nach einigen Minuten Fahrt war man ins Gespraech gekommen, so dass uns der Fahrer zweifelsfrei als naive Touristen identifiziert zu haben glaubte. Selbstverstaendlich waere der Bahnhof eine ganz schlechte Idee, er kenne da eine vertrauenswuerdige "staatlich anerkannte" Touristeninformation, wo es vieeeel guenstigere Tickets gaebe und gleich ein Hotel dazu. Wir bestanden natuerlich auf dem Bahnhof, was unseren hilfsbereiten Freund ueberhaupt nicht zu interessieren schien. Nach laengeren Diskusionen uebergab er uns schliesslich mit diversen Ausreden (er wisse nicht, wo der Bahnhof sei, dort waeen keine Autos zugelassen !!!) einer Autorikscha, die uns, ebenso nach einigen ablenkenden, aber weniger penetranten Ueberredungsversuchen, zum Bahnhof brachte. Dort wiederum versuchten gleich wieder zwei seeeehr hilfsbereite Inder, uns zum jeweils "richtigen" Ticketschalter zu lotsen, die selbstverstaendlich in unterschieldichen Richtungen lagen und auf keinen Fall dort, wo sich das tataechliche Touristenbuero befand. Mit etwas Diskussionsfreude und Seelenruhe laesst sich das ganz gut ertragen. Am Ende sind das alles keine Verbrecher, die einene ausrauben oder zum anderen Ende der Stadt fahren, sondern einfach kleine Gauner, die ausnutzen wollen, dass man sich nicht auskennt, indem sie einen zu Buchungsbueros und Hotels fahren, von denen sie Provisionen kassieren. Erstaunlich ist schon das arg gespaltene Verhaeltnis zur Wahrheit, was im (Geschaefts)Alltag offanbar als voellig normal vorausgsetzt wird. Dass zwei sich gegenueber stehende Inder stocksteif Gegenteiliges behaupten, oder muendliche Zusagen 10min spaeter ueberhaupt nichts mehr zaehlen, macht sie aus unserer Sicht zu Luegnern und alles andere als vertrauenswuerdig. Noch erstaunlicher ist, dass sie es schaffen, einem ein schlechtes Gewissen dafuer einzureden, dass man nicht will, was sie einem vorschlagen und eigene Wuensche hat. Man ist sozusagen selber schuld, wenn man auf ihre Vorschlaege nicht eingeht, womit wahrscheinlich auch die Verpflichtung zu Aufrichtigkeit und Leistungserbringung erlischt. Man redet einfach in einer unterschiedlichen Sprache miteinander, jede Aussage wird noch einmal inhaltlich uebersetzt. Aus "ich will zum Bahnhof" und "Ich bin neu in Delhi" wird dann also unfreiwllig "bitte bring mich zu einem ort, wo ich Bahntickets kaufen kann"
Unsere erste Indien/Episode verdeutlicht exemplarisch, dass Worte einfach nichts zaehlen. Auf jede Bitte oder Anfrage kommt erst einmal "yes" and "no problem". Ob man dann an sein Ziel gelangt, die Apoteheke wirklich um die Ecke ist, das Zimmer wirklich Warmwasser hat oder das Essen frisch zubereitet ist, steht in den Sternen. Man hat gar keine andere Wahl, als bei allem erst einmal skeptisch zu sein und Blicken auf der Strasse (von potentiellen Geschaeftemachern und Gaunern) auszuweichen, auch wenn man damit vielen Indern (vermutlich sogar der Mehrheit) Unrecht tut. Die meisten sind naemlich freundlich, zuvorkommend UND noch ehrlich und hilfsbereit dazu.

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