Sonntag, 1. April 2007

Einige Beobachtungen nebenbei

Obwohl die Inder es bei den meisten Angelegenheiten des Lebens eher ruhig angehen lassen (es sei an Busfahrzeiten, Schalterangestellte oder anderes Service-Personal erinnert), werden die Mahlzeiten in einem enormen Tempo verschlungen. Dies wird dadurch erleichtert, dass die meisten Gerichte als mundgerechte Happen serviert werden. (meine Theorie ist, dass das an der Schaerfe des Essens liegt, die sich moeglichst im Mund nicht lange breitmachen soll ...) Da in einem billigen indischen Restaurant mit grossem Durchsatz meist auch alle Toepfe schon vor sich hin koecheln, wickeln manche Inder einen Retaurantbesuch schneller ab als Grundstudiumsstudenten mit vollem Stundenplan einen Mensabesuch. Im Flug von Goa, der eine knappe Stunde ging, musste ich die die Assietten wieder einsammelnde und langsam nervoes werdende Stewardess zweimal vertroesten. Ich war einfach nicht so schnell...

Der Preis des Bieres verhaelt sich anscheinend umgekehrt zum Touristenaufkommen. In normalen indischen Staedten bezahlt man zwischen 1 und 2 EUR (also doppelt so viel wie fur ein einfaches Essen), am Strand von Goa kostet es 70 Cent (also halb so viel wie ein einfaches Essen hier). Da gleichzeitig Weine noch viel unerschwinglicher (Import), Spirituosen aber relativ preiswert sind (erst Recht schwarz gebrannte mit schoen viel Methanol), kann man sich die Folgen ausmalen. Es gibt keine wie auch immer zu bewertende "Trinkkultur" wie bei uns, aber dafuer (zumindest nach Auskunft der Inder, mit denen ich darueber gesprochen habe) eine Menge Alkoholiker.

Autos lassen beim Rueckwaertsfahren nicht - wie bei uns die LKWs - ein schnoedes Piepen vernehmen, sondern spielen eine nette Melodie a la Handy-Klingelton, aber vollstaendig! Diese sind erstaunlich vielfaeltig und entstammen mutmasslich irgndwelchen Bollywood-Filmen. Ich konnte jedenfalls bisher nur eine Mittelklasselimousine mit dem Titanic-Titelsong identifizieren. Uebrigens sind fast alle Autos hier indische Fabrikate oder, seit einigen Liberalisierungsbemuehungen in den 90er Jahren, als Ergebnisse von Joint-Ventures zumindest in Indien gefertigt. Das ist noch ein Relikt aus den Zeiten, als sich Indien nicht so richtig zwischen Sozialismus und Kapitalismus entscheiden wollte. Es fuehrt zumindest dazu, dass die Reichen fuer ihre Porsches oder SUVs fette Einfuhrzoelle zahlen muessen (dennoch hat der Volkswirt zu derartigem Protektionismus eine sehr dezidierte Meinung ...).

Ein weiteres Beispiel fuer Verspieltheit und Reizueberflutung: in einem indischen Nachrichtenstudio gibt es neben der klassischen Hintergrundwand (sozusagen der Tagesschau-Kulisse) ene zweite ebenso grosse, auf der grosse, bunte, sich wild drehende und rotierende Bildschirmschoner-Figuren zu sehen sind. Ausserdem faehrt um den in der Mitte des Studios platzierten Sprecher eine Modelleisenbahn im Kreis (!!!)

Die Inder verwenden nicht Millionen und Milliarden, sondern haben eigene Begriffe aller zwei Zehnerpotenzen, also nach 1.000 fuer 100.000 und 10.000.000. Das ist eigentlich ganz praktisch, weil die grossen Zahlen dadurch etwas kleiner und lesbarer werden. Dafuer koennen die Inder miserabel kopfrechnen. Es ist mir nicht nur einmal passiert, dass im Internetcafe der Angestellte 25+25+10 mit viel Gemuetsruhe in den Taschenrechner tippte.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Sehr genossen. Bitte mehr davon!

LG
Daniela