Samstag, 17. März 2007

From Dawn till Dusk - Unser Alltag

Einen sich gleichfoermig wiederholenden Alltag sollte es im Urlaub eigentlich nicht geben, schon gar nicht in Indien. Auch der abgewandelte Filmtitel ist (einmal mehr) eine etwas heroische Beschreibung dessen, was wir hier so den lieben langen Tag anstellen, einige Bemerkungen dazu sind nichtsdestoweniger sicher mal interessant.

Unser Tag beginnt meist so gegen 9 (es sei denn, es gilt Zug, Bus oder Flugzeug zu erwischen) mit einem ausgedehnten Fruehstueck. Dieses besteht in der Regel aus einem oder mehreren der Standardbausteine Sandwich/Toast, Omelett, Muesli und Pancake (Eierkuchen). Das wird schnell entsetzlich langweilig (obwohl man zu Hause, abgesehen vom geliebten Schwarzbrot, sicherlich nicht abwechslungsreicher fruehstueckt), aber indisches Fruehstueck in Form von Curry und Frittiertem ist direkt nach dem Aufstehen nunmal nicht jedermanns Sache.
Das Fruehstueck nimmt auch deswegen einen grossen Teil des Vormittags in Anspruch, weil dafuer bis auf wenige Ausnahmen schattige Gaerten oder Dachterrassen mit Blick ueber die Stadt zur Verfuegung standen - fuer allzu selten an frischer Luft speisende Mitteleuropaer schon ein halber Urlaub. Ab und zu kehren wir mittags fuer eine Zwischenmahlzeit ein, meistens begnuegen wir uns aber mit Keksen, Bananen und Orangen. Letztere uebrigens heissen zwar so, sind aber erstens gruen und zweitens Mandarinen. Vielseitiger laesst sich eine Imbissverpflegung fuer europaeische Maegen kaum gestalten. Zwar gibt es allerortens frisches Obst und Gemuese, das Angebot beschraenkt sich aber auf die bisher genannten und einige weitere Fruechte wie Papaya, Granataepfel, Weintrauben, Gurken und Tomaten. Ausserdem findet man zwar allerorten eine Unmenge an kleinen Lebensmittel- und Gemischtwarenlaeden, aber auch deren Angebot (Kekse, Chips) ist nicht gerade vielseitig. Die Inder nehmen fuer ihre heimischen Bedarf zwar ein etwas breiteres Angebot in Anspruch, aber im Vergleich zu einem europaeischen Supermarkt bleibt die Palette - gerade angesichts der prinzipiell vorhandenen Fuelle an Einkaufsmoeglichkeiten - sehr schmal. Die indische Kueche erweist sich dennoch als erstaunlich vielseitig, was aus der Kombination der diversen Gemuese untereinander, verschiedenen Zubereitungsmethoden und dem virtuosen Umgang mit Gewuerzen (insbesondere natuerlich Chilli und Pfeffer ...) resultiert. Dies geniessen wir dann in der Regel abends, wobei Maria und Clara bzw. ihre Maegen sich von Curry-Zubereitungen und der obligatorischen Schaerfe weniger begeistert zeigen als ich und daher gern stattdessen eine Portion Spaghetti oder Gemuesereis verdruecken. Ich bin des indischen Essens bisher nicht ueberdruessig geworden und habe es im grossen und ganzen auch gut vertragen, muss es allerdings ja auch noch drei Wochen laenger aushalten.

Die Tage bestehen teils aus der Besichtigung diverser Tempel, Palaeste oder anderer touristischer Programmpunkte, z.B. kuerzlich eine Besichtigungstour einer Teefabrik und eines Gewuerzgartens, zum groesseren Teil aber aus Ausruhen (inkl. Lesen, Essen, Reiseplanung ...) von den Besichtigungs- und Reisestrapazen. Einen erheblichen Teil der Reise verbringen wir naemlich in diversen Verkehrsmitteln, was zum einen den indischen Entfernungen und Reisegeschwindigkeiten, zum anderen unserem doch relativ straffen Programm geschuldet ist. Im Schnitt verbringen wir zwei Naechte an einem Ort, manchmal drei, manchmal nur eine. In der letzten Woche sind wir z.B. sehr viel Bus gefahren, dazu mehr im naechsten Eintrag. Nach 3 bis 4 Stunden auf indischen Strassen plus Wartezeit vorher und Quartiersuche nachher ist mit uns und dem Tag jedenfalls nicht mehr viel anzufangen.

Bei unseren Nachtquartieren handelt es sich in der Regel um kleine private Gaestehaeuser oder Hotels der unteren Mittelklasse. Von der Ausstattung bedeutet das auf indisch i.d.R. ein Zimmer, in dem drei Leute geradeso ihren wichtigsten Kram ausbreiten koennen, ohne sich auf die Fuesse zu treten und eine Badzelle, die gleichzeitig als Dusche fungiert, mit mal mehr, mal weniger zielgerichteten, durchgehenden bzw. warmen Wasserstrahl. Dazu gibts meistens Handtuecher, selten ein Stueck Seife und noch seltener Klopapier. Dieses wird von Indern quasi nicht benutzt (jeder male sich selber aus, wie stattdessen zu Werke gegangen wird, ebensowenig finden Taschentuecher oder beim Essen BesteckVerwendung) und kann als Luxusartikel gelten (eine duenne Rolle kostet ca. 60Cent, mithin ein halbes Tagesdurchschnittseinkommen). Manchmal sind die Zimmer etwas schmuddelig (insbesondere Bettwaesche und Handtuecher erfuellen ueberhaupt nicht unsere gewohnt-makellose Vorstellung von "frisch gewaschen"), in den groesseren Staedten fast immer etwas laut, aber alles in allem waren wir bisher ganz zufrieden. Dabei spielte auch eine Rolle, dass wir uns bisher stets auf die Empfehlungen unserer Reisebibel "Lonely Planet" verlassen haben. Das mag zwar eine Prise Abenteuer beim Ausprobieren unbekannter Hotels vermissen lassen und in den gewaehlten Etablissements findet man dann auch fast nur seinesgleichen (mit Lonely Planet in der Hand...) wieder, aber in einem Land, in dem man ohnehin haeufig genug das Unerwartete erwarten muss, tut ein bisschen Verlaesslichkeit und Bequemlichkeit schon gut. Bisher haben wir uebrigens immer entweder ein Dreibettzimmer oder eine zusaetzliche Matratze bekommen, so dass die Reisegesellschaft auch nachts nicht auseinandergerissen :-) und das Budget geschont wurde. Ausgebucht waren die Quartiere bisher fast nie, so dass wir nur selten telefonisch vorbestellen, so wie ueberhaupt sehr vieles oder sehr viele hier uns alles andere als ausgelastet vorkommen. Aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht lasse ich mich in naechster Zeit nochmal zu diesen und anderen einem Volkswirt auffallenden Unterschieden zwischen Europa und einem Entwicklungsland aus.

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